MECP2-Über das Rett-Syndrom hinaus

Die meisten Leser dieses Blogs haben eine persönliche Verbindung zu jemandem, der/die am Rett-Syndrom leidet, und wir tendieren dahin, die Funktion des MECP2 mit den Symptomen dieser Störung gleichzusetzen. Tatsächlich kann aber das, was als Resultat von Mutationen in einem besonderen Gen auftritt, überraschend davon abweichen, wie Fluktuationen in den Expressionsstufen des gleichen Gens offenbaren können.

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Wir wissen, dass MECP2-Mutationen manchmal bei Störungen über Rett hinaus gefunden werden, etwa beim klassischen Autismus, bei Schizophrenie, bipolarer Störung und Lernschwächen.

Nun haben zwei faszinierende Arbeiten, die online am 15. August 2010 in Nature Neuroscience veröffentlicht wurden, das MECP2-Spektrum noch erweitert, indem sie seine Rolle bei Drogenabhängigkeit an Nagetiermodellen untersuchten. Eine Arbeit zeigt, dass MeCP2 mit einer bestimmten Mikro-RNS interagiert, um das Verlangen einer Person nach dem Konsum von Kokain zu kontrollieren. Mikro-RNSs (miRNSs) sind natürlich vorkommende kleine Transkripte, die kein Protein herstellen, sondern sich an spezielle RNSs binden, um deren Expression zu regulieren. Die zweite Arbeit nimmt an, dass MeCP2 bei der Regulierung der Belohnungseigenschaften von Psychostimuli helfen und dass die leichten Veränderungen in den Proteinebenen bedeutende Verhaltensänderungen hervorrufen können.

Ich hoffe sehr, dass diese neuen Daten mehr Wissenschaftler dazu anregen, MeCP2 zu untersuchen. Gleich, ob ihr Interessengebiet Drogenabhängigkeit, geistige Gesundheit oder ein weiteres Gebiet ist, ihre Arbeit kann dabei helfen, die normalen Funktionen von MeCP2 zu erhellen.
KERNPUNKTE:
• Das Rett-Syndrom tritt ein, wenn bei der Entwicklung des MeCP2- Proteins etwas schiefläuft, MeCP2 ist aber auch an anderen komplexen Funktionen beteiligt. MeCP2 ist wichtig für Veränderungen in der Hirnfunktion – auch im Erwachsenenalter.
• MeCP2 spielt eine Rolle bei Drogenabhängigkeit.
• MeCP2 hilft bei der Regulierung der Belohnungseigenschaften von psychostimulierenden Substanzen
• Untersuchungen von MeCP2 außerhalb des Rett-Syndroms sind wichtig für das Gebiet der Rettforschung, weil sie mehr Forscher einschließen und aus einer breiteren Perspektive auch auf die Funktion von MeCP2 schauen.

Unten finden Sie Auszüge aus Interviews, die Monica Coenraads kürzlich mit den Hauptverfassern der Arbeiten, Paul Kenny und Anne West, geführt hat. Auch Eric Nestler, einer der gegenwärtig respektiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Drogenabhängigkeit, kommt zu Wort.

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Text zur Abbildung: Es scheint, dass MeCP2 in einen viel größeren Zusammenhang eingebettet ist, als wir gegenwärtig darzustellen versuchen. Deshalb kommen wir immer wieder auf MeCP2 zurück und verstärken unser Bemühen auf diesem Gebiet, und zwar viel mehr, als ich vor einem Jahr angenommen hätte. Unser Interesse an MeCP2 steht nicht im Zusammenhang mit Rett, sondern eher mit Abhängigkeit, doch ich bin zuversichtlich, dass unsere Arbeit und auch die von anderen für die Rett-Forschung nützlich sein wird.
Dr. Kenny, Ph.D.

Er ist Neurowissenschaftler am Institut für Molekulartherapieforschung in Scripps, Florida und untersucht die molekularen Mechanismen, die einer Drogenabhängigkeit zugrunde liegen.

MC: Meinen Glückwunsch zu Ihrer aktuellen Arbeit, die eine bemerkenswerte Aufmerksamkeit erzielt hat. Sie folgt direkt auf eine andere prominente Arbeit, die im Juli in Nature veröffentlicht wurde. Können Sie uns ein bisschen über die Highlights Ihrer Erkenntnisse erzählen?

PK: Diese Arbeit ist tatsächlich eine Erweiterung der Nature-Arbeit. In dieser Arbeit haben wir festgestellt, dass es eine erhöhte Mikro-RNS, MIR212, im Rückenstriatum von Tieren gibt, die übermäßig Kokain konsumieren und abhängige Verhaltensweisen zu entwickeln scheinen. Vermutlich ist MIR212 ein neuartiger Anti-Abhängigkeitsmechanismus – es hilft, Abhängigkeit zu verringern. Wir wollten wissen, was die regulierenden Mechanismen von MIR212 sind, und ob eine verstärkte MIR212-Produktion möglich ist. Auf diese Weise könnte man Tiere und hoffentlich auch Menschen widerstandsfähiger gegen Abhängigkeit machen. Dies bildete den Hintergrund für die aktuelle Arbeit. In der Literatur fanden wir einige Beweise für die Annnahme, dass vielleicht MeCP2 die Menge an MIR212 regulieren und so an der Regulierung von Drogenabhängigkeit beteiligt sein könnte.

MC: Ist MIR212 ein Wirkstoffziel, den die Industrie verfolgen könnte?

PK: Die Arbeit ist in einer Frühphase, aber es gibt einige Firmen, die Therapeutika entwickeln, indem sie die Aktivität von miRNS nachahmen oder regulieren. Die Herausforderung liegt darin, Therapeutika ins Gehirn zu bekommen – dies ist schwierig, aber machbar.

MC: Ist es richtig zu sagen, dass Sie im Verlauf Ihrer Arbeit auf MeCP2 gestoßen sind? Sie haben nicht mit der Absicht angefangen, herauszufinden, ob MeCP2 an diesen Prozessen beteiligt ist.

PK: Genau. Wir haben nicht a priori nach diesem Protein gesucht. Das Hauptinteresse meines Labors ist Mikro-RNS, doch weil MeCP2 ein Ziel von MIR212 zu sein scheint, hat uns dieses Gen interessiert. Es scheint, dass MeCP2 und Mikro-RNS in einen viel größeren Zusammenhang eingebettet sind, als wir gegenwärtig darzustellen versuchen. Deshalb kommen wir immer wieder auf MeCP2 zurück und verstärken unser Bemühen auf diesem Gebiet, und zwar viel mehr, als ich es vor einem Jahr angenommen hätte. Unser Interesse an MeCP2 steht natürlich nicht im direkten Zusammenhang mit Rett, sondern eher mit Abhängigkeit und anderen Verhaltensstörungen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass unsere Arbeit und auch die von anderen für die Rett-Forschung nützlich sein wird.

MC: Die Funktion von MeCP2 bleibt weiterhin schwer fassbar. Ob dieses Protein auf genspezifische Weise oder allgemeiner funktioniert, bleibt eine Frage, die weiter umstritten ist. Kann Ihre Arbeit irgendwelche Daten in diesen Streit einbringen?

PK: Meiner Ansicht nach ist die wichtigere Frage nicht, ob MeCP2 ein spezifisches Gen reguliert oder nicht, sondern ob es ganze Netzwerke von Genen gibt, die reguliert werden. Wenn man in Richtung von Netzwerken verbundener Gene denkt, die übliche Ergebnisse beeinflussen, wird das Problem nachgiebiger. Sagen wir, MeCP2 ist an einem Programm neuronaler Aktivität beteiligt – beispielsweise an einem Aspekt der Neuroplastizität – dann gibt es möglicherweise viele Methoden, um diesen Weg zu beschädigen oder zu erweitern. Man könnte eher in der Lage sein, ein vorhandenes Programm in einer Nervenzelle zu treffen, als einem einzelnen Gen nachzujagen, und vielleicht gibt es vielfältige kleine Moleküle, die jenes Programm treffen können.

MC: Hätte eine mögliche Verbindung zwischen MeCP2 und Drogenabhängigkeit irgendeine Bedeutung für das Rett-Syndrom?

PK: Der “Zugang” zu MeCP2 ist sicher das Rett-Syndrom, und die meisten Wissenschaftler denken im Kontext mit Rett, wenn sie an MeCP2 denken. In der Realität ist es aber so, dass Rett eintritt, wenn die Entwicklung von MeCP2 schiefläuft, so dass das Protein selbst aber an anderen komplexen Programmen der Neuroplastizität beteiligt ist. Entsprechend ist die mitzunehmende Erkenntnis unserer Arbeit, dass MeCP2 wirklich wichtig für Veränderungen der Hirnfunktion ist, und das sogar im Erwachsenenalter. Wenn man kein MeCP2 hat, reagiert das Hirn nicht in gleicher Weise auf externe Stimuli. Die Frage ist also: Können wir diese Veränderungen umgehen? Können wir die Defizite überwinden, etwa indem wir MeCP2 ersetzen oder die miRNS-Funktion regulieren, oder können wir eine Signalkaskade an-/abschalten? Wie wir die Defizite umgehen, kann auch für Rett von Bedeutung sein. Einige Forscher arbeiten an diesen möglichen Ansätzen.

MC: Ihre Arbeit wurde in der gleichen Ausgabe veröffentlicht wie die von Anne West. Obwohl ihr Labor eine andere Hirnregion und andere Drogen untersuchte und andere Methoden anwandte, studiert sie ebenfalls die Beziehung zwischen Drogenabhängigkeit und MeCP2. Wie haben Sie von Anne Wests Arbeit erfahren?

PK: Letztes Jahr bat man mich um einen Vortrag am NIDA [National Institute on Drug Addiction – Teil des NIH; US-amerikanisches Institut für Drogenabhängigkeit – Teil der US-Gesundheitsbehörde, d.Ü. ] bei einer Konferenz der Gesellschaft für Neurowissenschaften. Nach meinem Vortrag über miRNS und Epigenetik kam ein Postdoktorand vom West-Labor zu mir und teilte mir mit, dass sie dort an ähnlichen Dingen arbeiteten. Anne und ich kamen nach der Konferenz in Kontakt. Zufälligerweise sandten wir beide Beiträge an Nature Neuroscience. Das Timing war perfekt und wir publizierten in gleicher Sache. Wir stehen immer noch in Kontakt.

MC: Ich würde gern noch mal auf die Verbindung von MeCP2 und dem Rett-Syndrom zurückkommen. Ist das eine gute Sache, oder kann es schädlich sein?
PK: Ein Gen in Verbindung mit der Krankheit zu haben, wird das Forschungsgebiet enorm antreiben, besonders, wenn es ein einzelnes Gen ist. Andererseits ist es bis zu einem gewissen Grad ein zweischneidiges Schwert. Wenn ein Gen mit einer speziellen Krankheit verbunden ist, wird es manchmal ‘gebrandmarkt’, und dann arbeiten schließlich nur noch Personen, die Interesse an der Krankheit haben, daran. Ich verallgemeinere hier sehr stark, aber bis zu einem gewissen Grad scheint mir das angemessen. Ich habe MeCP2 lange als Protein, das an Rett beteiligt ist, betrachtet. Aber das ist nicht alles, wie meine Arbeit und die von Anne nahe legen. MeCP2 spielt eine Rolle bei der Neuroplastizität im erwachsenen Gehirn, unabhängig von jeglicher Entwicklungsstörung. Es reguliert normale und natürliche Funktionen im Gehirn.

MC: Aus der Perspektive der Mutter eines Kindes mit Rett und als jemand, der die Forschungsbemühungen hinter dieser Störung vorantreiben möchte, heiße ich jeden willkommen, der an MeCP2 arbeitet, egal woher sein Interesse rühren mag. Ich wünsche Ihnen alle Gute für Ihre Arbeit und freue mich darauf, unseren Lesern irgendwann ein Update bringen zu können. Wenn ich mir Ihre Publikationsliste ansehe, werden Sie sicher bald wichtige Neuigkeiten für uns haben.
Wir wenden uns nun Anne West zu, die an der neurobiologischen Abteilung der Duke-Universität tätig ist. Sie arbeitete als Postdoktorandin im Labor von Michael Greenberg in Harvard; er ist einer der Forscher, die zuerst eine Verbindung zwischen MeCP2 und BDNF herstellten, und er arbeitet zurzeit an der Identifizierung der Funktionen von MeCP2.
Die Zielsetzung des West-Labors ist, auf zellularer Ebene zu verstehen, wie neuronale Aktivität den Aufbau und die Reife der Synapsen während der Hirnentwicklung reguliert.

MC: Meinen Glückwunsch an Sie und Ihr Labor zur der aktuellen Arbeit. Im Gegensatz zu Paul Kenny, der nicht a priori auf MeCP2 schaute, hatten Sie eine spezifische Annahme, die Sie im Zusammenhang mit diesem Protein testen wollten.

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Text zur Abbildung: Sowohl meine als auch Paul Kennys Arbeit haben gezeigt, dass die Regulierung der Ebenen von MeCP2 in speziellen Hirnregionen Auswirkungen auf das Verhalten hat. Ich hoffe, dass dies mehr Interesse weckt, zu besserem Verständnis jener Mechanismen zu gelangen, durch die die Ebenen von MeCP2 geregelt werden, und warum eine kleine Veränderung der Expression von MeCP2 eine Auswirkung hat. Dies zu wissen, wäre auch im Zusammenhang mit Rett bedeutsam.

Anne West, M.D., Ph.D.

AW: Richtig. Wir wollen synaptische Plastizität verstehen: Wie ändern Zellen ihre langfristige synaptische Verbindung als Reaktion auf etwas um sie herum? Dies passiert beispielsweise, wenn eine Person nach draußen geht und die visuelle Welt erlebt. Es verursacht Änderungen der Neuronenaktivität, die wiederum die Verbindungen des visuellen Kortex ändern. Die Abhängigkeit der synaptischen Verbindungen von der Aktivität während der Entwicklung ist gut dokumentiert. In diesem Zusammenhang kam die Idee auf, dass dieser Prozess, durch den sich das Hirn im Zusammenspiel mit neuronaler Aktivität entwickelt, beim Rett-Syndrom vielleicht verändert wird. In unserem Fall gehen wir von der Annahme aus, dass die Mechanismen, die Synapsen kontrollieren, vielleicht zwischen Entwicklungsstadien und im erwachsenem Hirn bewahrt werden können. Ähnliche Mechanismen könnten bei der Regulierung von Synapsen im Zusammenspiel mit einem anderen Stimulus von Bedeutung sein—in diesem Fall ist der Stimulus der Wirkstoff selbst. Das haben wir entsprechend als Paradigma verwendet, das wir verwenden konnten, um zu verstehen, wie MeCP2 Synapsen im Zusammenspiel mit einem Stimulus außerhalb der Zelle regulieren könnte. Wir dachten, wenn wir einige Prinzipien finden könnten, würden diese vielleicht auch während der Entwicklung greifen.

MC: Haben einige der Erkenntnisse Sie überrascht?

AW: Durchaus. Das Greenberg-Labor, wo ich praktische Erfahrung gesammelt habe, hatte bereits gezeigt, dass MeCP2 phosphoryliert werden kann. Wir nahmen an, dass Phosphorylierung ein Mechanismus sein könnte, bei dem Zellen etwas in ihrem Umfeld spüren, um sich dann als Antwort auf dieses Signal zu verändern. Wir wollten in einem Paradigma arbeiten, in dem ein extrazelluläres Signal eine physiologisch relevante Veränderung im Tier hervorruft. So könnten wir die Phosphorylierung in diesem Zusammenhang studieren und sehen, was sie eigentlich macht.
Wir erwarteten, dass wir bei Verabreichung eines Stimulus—- in unserer Studie verwendeten wir Amphetamine—die Herbeiführung der Phosphorylierung von MeCP2 sehen würden, der Teil war also nicht überraschend. Was eine Überraschung darstellte, war, dass wir nicht überall Phosphorylierung sahen, sondern nur in kleinen Zellpopulationen. Es war sehr selektiv: nur in einer Hirnregion für die Belohnungseigenschaften des Wirkstoffes, und in der Region sahen wir die Phosphorylierung nur in einem bestimmten Zelltyp, den man GABAerge Interneuronen nennt und der 1 bis 2 % der Zellen in dieser Region bildet. Diese Zellen haben eine wichtige Funktion hinsichtlich der physiologischen Eigenschaften dieser Hirnregion. Bisher verstehen wir die funktionalen Konsequenzen der MeCP2-Regulierung bei dieser Zellpopulation nicht vollständig. Ich nehme aber an, dass wir einiges über die neuronalen Netze lernen werden, die dem Verhalten bei Drogenabhängigkeit zugrunde liegen, wenn wir Phosphorylierung als Werkzeug einsetzen. Zusätzlich kann uns das Studium der Funktion von MeCP2 zu einem besseren Verständnis darüber führen, was MeCP2 macht.
Die andere Überraschung war was wir beobachteten, als wir Viren einsetzten. Hier konnten wir den Expressionsgrad von MeCP2 in spezifischen Hirnregionen von Mäusen steigern oder senken. Mit einem Verhaltenstest zur Messung der Belohnungseigenschaften von Amphetaminen haben wir herausgefunden, dass eine Senkung der Ebene des Proteins die Belohnung, die das Tier durch die Einnahme des Wirkstoffs erlebt, steigert. Andererseits hatte das Tier ein verringertes Gefühl von Belohnung für die Einnahme des Wirkstoffes, wenn wir die Ebene des MeCP2 steigerten. Zusammengefasst kann der Körper MeCP2 also vielleicht nutzen, um die Belohnungsschwelle herunterzusetzen und so die Balance zu wahren.
Schließlich haben wir noch gesehen, dass MeCP2-Ebenen die Anzahl der Synapsen im Nukleus Accumbens verändern, dem Teil des Hirns, der für Belohnung verantwortlich ist. Speziell haben wir in einem der mutierten Rett-Tiere, dem 308-Mutanten vom Zoghbi-Labor, herausgefunden, dass es einen bedeutenden Anstieg der Anzahl der GABAergen Synapsen in dieser Hirnregion gab.

MC: Was sind Ihrer Ansicht nach die nächsten Schritte und was können sie für das Rett-Syndrom bedeuten?

AW: Sowohl meine als auch Paul Kennys Arbeit haben gezeigt, dass die Regulierung der Ebenen von MeCP2 in speziellen Hirnregionen Auswirkungen auf das Verhalten hat. Ich hoffe, dass dies mehr Interesse weckt, zu besserem Verständnis jener Mechanismen zu gelangen, durch die die Ebenen von MeCP2 geregelt werden, und warum eine kleine Veränderung der Expression von MeCP2 eine Auswirkung hat. Dies zu wissen, wäre auch im Zusammenhang mit Rett bedeutsam.

MC: Wir wünschen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit und freuen uns auf baldigen weiteren Kontakt mit Ihnen, um Einsichten in Ihre Fortschritte zu erhalten.
Schließlich wenden wir uns Eric Nestler zu, besonders seinem wertvollen Blick darauf, wie diese Daten zur Drogenabhängigkeit weiteres Interesse an MeCP2 anfachen können. Dr. Nestler leistet wissenschaftliche Pionierarbeit auf dem Gebiet der Drogenabhängigkeit und hat zukunftsträchtige Entdeckungen gemacht, die eine Grundlage für das Verständnis der molekularen Basis von Depressionen und Drogenabhängigkeit bilden. Er ist Nash Family Professor für Neurowissenschaften, Vorsitzender der Abteilung für Neurowissenschaften und Direktor des Hirnforschungsinstituts am Mount Sinai Medical Center in New York.

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Diese Arbeiten verstärken unsere Wahrnehmung, dass epigenetische Regulierung beteiligt ist, und sie deuten neue Mechanismen an. Ich erwarte, dass viele weitere Forscher diesen Ideen folgen werden.

Dr. Nestler, M.D., Ph.D.

EN: Ich habe in Nature Neuroscience einen News and Views-Artikel über Kennys und Wests Arbeiten geschrieben, und die Daten sind mir bestens vertraut. Mein eigenes Labor hat soeben auch eine Arbeit in Nature Neuroscience veröffentlicht, die zeigt, dass DNS-Methyltransferase [das Enzym, dass Methylgruppen an DNS bindet] auch an der Veränderung von Drogenabhängigkeit beteiligt ist. Die Erkenntnisse dieser drei Arbeiten sind sehr einheitlich.

MC: Ist die Beteiligung der Epigenetik eine neue Vorstellung bei Drogenabhängigkeit?

EN: Ja, ist sie. Wir haben die erste Arbeit, die einen epigenetischen Mechanismus, Histonacetylierung, in Abhängigkeitsmodellen andeutet, 2005 veröffentlicht. Was nun passiert, ist, dass wir durch die Untersuchungen der epigenetischen Mechanismen zu mehr und mehr Zielen geführt werden, die vielleicht für neue Behandlungsmethoden ausgenutzt werden können. Ohne Zweifel wird es eine bemerkenswert vergrößerte Anzahl Forscher geben, die sich die Auswirkungen von MECP2 in den Hirnregionen ansehen, auf deren Erforschung sie spezialisiert sind.
Ich denke, die Drogenabhängigkeitsforschung wird sich dafür interessieren, ein breiteres Spektrum epigenetischer Mechanismen bei Drogenmissbrauch zu untersuchen. Diese Arbeiten verstärken unsere Wahrnehmung, dass epigenetische Regulierung beteiligt ist, und sie deuten neue Mechanismen an. Ich erwarte, dass viele weitere Forscher diesen Ideen folgen werden.